Anifas Kolumne No.1

 Erster Mai – Wie ist es heute ?

Viele Menschen kennen diesen Tag als den berühmt-berüchtigten „Tag der Arbeit“, aber geht es heutzutage wirklich „nur“ noch um den Acht-Stunden-Arbeitstag und um soziale Verhältnisse oder schon um einiges mehr? Wir alle haben eine unterschiedliche Vorstellung von Freiheit, wenn wir an die Befreiung von unseren Zwängen denken.

Ich heiße Anifa und mache derzeit ein Praktikum im Komplex. Dadurch, dass ich in Berlin-Neukölln großgeworden bin und mich mittlerweile mit verschiedenen linken Strukturen und Kreisen auseinandergesetzt habe, war dieser Kampftag öfter ein präsentes Thema in Diskussionen, welches von mehreren Perspektiven aus eine mitreißende und inspirierende Wirkung auf mich hatte.
Wenn ich mich mit linker Theorie auseinandergesetzt habe, dann ging es meistens um die Befreiung des Proletariats und um gerechtere Arbeitsbedingungen, sowie den geschichtlich wertvollen Aspekt des ersten Mai.

Kam ich aber in Kontakt mit anderen linken Personen oder besuchte eine der Demos am 1. Mai, so erweiterte sich das Themenspektrum. Viele beklagten sich über Polizeigewalt und rechte Drohungen am und um den 1. Mai.

Der internationale Kampftag der Arbeiterklasse ist heute zum Glück nicht mehr nur das Problem der Arbeiterinnen, sondern wird von vielen Schülerinnen und Aktivistinnen voller Solidarität, aber auch mit eigener Wut begleitet. Diese Wut, die ich und auch viele andere empfinden, hat komplexe Hintergründe. Trotzdessen steht der Kampf der Arbeiterinnen im Mittelpunkt und spiegelt die Unterdrückung Zahlreicher wieder, die in diesem System schon zu oft den Kürzeren ziehen mussten.

Meine Generation hat möglicherweise nicht mehr das gleiche Bild des Proletariats und der Unterdrückung wie es viele Vertreterinnen der Arbeiterbewegung vor uns hatten. Das verdeutlicht, wie tief der Stachel mittlerweile sitzt. Die Unterdrückung ist der Ursprung vieles neuen, wenn auch unauffälligen Übels. Neonazis marschieren an unserem Kampftag auf. Damit könnten sie kaum respektloser sein, besonders in Anbetracht der damals unter Hitlers Befehl zerstörten Gewerkschaften, welche so viel Vorarbeit leisteten. Polizistinnen sind plötzlich nicht mehr Helfende, sondern knüppeln dich mit einer unmenschlichen Gewaltbereitschaft auf den Boden. Alle bewegen sich in Abwehrhaltung. Jetzt sind Arbeiter*innen mit Verbesserungswünschen und Visionen in den Augen der Staatsgewalt linksradikal.

Ich möchte damit sagen, dass wir erstens um bessere Arbeitsbedingungen für uns Arbeiter*inen und zweitens gegen die Gewalt, die immer noch den Demonstrierenden entgegengebracht wird, kämpfen sollten!

Also meine Genoss*innen, kommt mit auf die Straße und erobert sie euch zurück! Auch wenn die Unterdrückung nicht für jeden im Alltag präsent ist, haben wir dennoch ein Recht auf gemeinsame und individuelle Freiheit.

Autor*in: Anifa