Bedrohung eines alternativen Freiraums durch Neonazis

Pressemitteilung Komplex, 22.11.2023

Am Anfang dieser Woche wurde das „Komplex“ in der Schweriner Innenstadt Ziel einer akuten Bedrohung, die einen rechts motivierten Anschlag am Freitag den 24.11.2023 während einer Veranstaltung ankündigt. Der Absender ist nicht bekannt, Inhalte des Schreibens weisen jedoch auf eine Verortung im extrem rechten Spektrum hin. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden keine weiteren Details öffentlich bekannt gegeben. Die Schweriner Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Die betreffende Veranstaltung wird verschoben.

Als alternativer Lebens- und Kulturort sowie Bildungsträger im Zentrum Schwerins, war das Komplex bereits mehrfach Angriffen aus dem extrem rechten Spektrum ausgesetzt und in den letzten Jahren gab es wiederholt Anschlagsversuche. Mit der aktuellen Bedrohung erreichen solche Szenarien jedoch ein neues Level. Das Komplex Schwerin ist eines der wenigen alternativen Zentren in der Region und hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Ort für Konzerte, Theateraufführungen und Informationsveranstaltungen verschiedenster Art entwickelt. Die Betreiber*innen und Bewohnenden lassen sich nicht von der aktuellen Lage einschüchtern, dennoch ist es wichtig zu verstehen, welche Auswirkungen diese Bedrohungslage auf den Lebens- und Veranstaltungsort haben kann. Die kritische Situation wird ernst genommen und ein alternativer Termin für die im Haus geplante Drum’n’Bass Veranstaltung gesucht.

Weitere Vorfälle in der jüngsten Vergangenheit

Vor etwa zwei Monaten wurde ein Hakenkreuz auf einer Toilettenwand der Veranstaltungsräume eingeritzt. Nur wenige Tage zuvor wurde an der Hauswand des Komplex die Aufschrift „Das Haus muss fallen“ entdeckt. Diese Vorfälle sind beunruhigend und führen zu erhöhter Alarmbereitschaft, insbesondere bei den Menschen, die im Haus leben und tätig sind. Ob diese Vorfälle in direktem Zusammenhang mit der aktuellen Bedrohung stehen, ist nicht bekannt. Sie zeigen jedoch die verstärkten Aktivitäten aus dem rechten Spektrum und die vermehrte Aufmerksamkeit, die das Komplex aus dieser Richtung bekommt.

Demokratie braucht Öffentlichkeit

Wer sich öffentlich gegen rechte Strukturen einsetzt und sich in eine Tradition antifaschistischer Bewegungen einordnet, wird in Deutschland zur Zielscheibe rechter Gewalt. Dass diese Bedrohung ernstzunehmen ist, zeigten die traurigen Vorfälle aus den vergangen Jahren, wie der Mord an Walter Lübcke und die rassistischen Morde in Hanau. In Mecklenburg-Vorpommern wurden Verbindungen zum NSU bekannt und die extrem rechte Gruppe namens „Nordkreuz“ enttarnt (*1). Immer wieder wird versucht alternative Projekte, zivilgesellschaftliche und politische Akteur*innen und Organisationen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt werden öffentliche Räume übernommen und der demokratische Diskurs unmöglich. Es ist in einer Demokratie jedoch elementar unterschiedliche Räume für den Austausch zu schaffen und zu erhalten. Dafür steht das „Komplex“ In Schwerin.

Das Mittel gegen rechte Gewalt heißt Solidarität

Wir werden den aktuellen Bedrohungen nicht nachgeben und wollen auch alle anderen Betroffenen ermutigen. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen darüber zu sprechen, was aktuell passiert. Wir finden es wichtig, dass die Menschen in der Stadt über diese Bedrohungslage Bescheid wissen. Wir können nur darüber spekulieren, wie real die Gefahr tatsächlich ist, aber zum Schutz aller Menschen, die in das Haus kommen, müssen wir die Situation ernst nehmen. Wir hoffen auf eine breite Solidarität und klare Positionierungen gegen rechte Hetze und Gewalt. Wir sind nicht die Einzigen, die in M-V von rechten Bedrohungen betroffen sind. Es ist wichtiger denn je darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen, es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und den Betroffenen zu zeigen, dass sie damit nicht alleine stehen.

1 https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Durchsuchungen-bei-fuenf-Polizisten-in-MV,nordkreuz138.html